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Lehrmeister Natur, Flötenspieler, Museumskoffer und lange Nächte - ein ganz und gar nicht mittelalterliches Vermittlungsprogramm für KinderAndreas Rudigier, Montafoner MuseenZugegeben, die Doppelausstellung zum Mittelalter im südlichen Vorarlberg im Klostertal Museum und Montafoner Heimatmuseum, war nicht auf Kinder ausgerichtet - denn sonst hätte der erste Hinweis der Ausstellung, der auf geheimnisvolle Relikte jener Zeitepoche aufmerksam machte, eine Aufklärung in Harry-Potter-Manier mit Zauberstab und unverständlichen Sprüchen zur Folge haben müssen. So aber bleibt der nüchterne Verweis auf die heute kaum lesbare Inschrift des Baumeisters von St. Agatha am Kristberg, der den Bau 1507 errichtet hat, und auf den Geheimplan um diese Kirche, der vor bald 30 Jahren im Boden der Kirche gefunden worden ist und der vielleicht ja doch kein Geheimplan ist. So weit, so unspektakulär! Und doch ranken sich unzählige Geschichten um die älteste noch erhaltene Kirche des Montafons, um verschüttete Bergknappen, die sich an die Heiligen wandten und in der hl. Agatha Hilfe fanden. Ihr Leben war aber auch ohne die Gefahr des Verschüttetwerdens schwer genug, und wer kann das besser vermitteln, als der legendäre Flötenspieler vom Kristberg: Adolf Zudrell. In festlicher Bergknappentracht und mithilfe von Zeichnungen, Plänen, Erzgesteinen, Trommeln und Flöten und vor allem mit viel Temperament erzählt Adolf Zudrell aus dem schweren Leben der Bergknappen vor Jahrhunderten. Und noch ein Geheimnis kommt zur Sprache: Wie das Montafon zu einem Wappen mit den päpstlichen Schlüssel kam, und was der Kristberg angeblich dazu beigetragen hat. Zudrell zieht mit seinem Vortrag zweifellos nicht nur Kinder in seinen Bann. (Foto: Montafoner Museen) Spannend war es in der Kirche am Kristberg, und spannend sollte es auch im Freigelände des Kristbergs weitergehen. Klaus Bertle hat in den vergangenen Jahren schon die schwierigsten Themen in überaus praktischer Weise den Kindern vermittelt. Wir erinnern uns noch an die Gestaltung der Votivbilder, das Kochen im Museum oder die Schaffung von Bucheinbänden. Dieses Mal führte Bertle die Kinder in die Welt des Mittelalters. Bevor es jedoch in die Natur ging, zeigte Klaus Bertle den jungen Künstlern zunächst anhand einer Bilderserie (im Powerpoint) malerische Ausdrucksformen früherer Jahrhunderte, wobei der Fokus auf die Kunst im Freien, wie etwa Höhlenmalerei, gelegt wurde. Die Wiedergabe von Lichtbildern war über Jahrzehnte von Dias geprägt, ein Vergleich mehrerer Bilder nebeneinander war praktisch - außer es gab viel Platz und eine größere Anzahl an Diaapparaten - unmöglich. Das hat sich mit dem Powerpoint-System geändert, und die Integration mehrerer Bilder auf einer Folie ist komfortobal und deutlich lehrreicher. (Foto: Montafoner Museen) Am Kristberg angekommen, galt zunächst die ganze Aufmerksamkeit der Kinder der Frage, eisenoxydhaltiges Gestein in der Natur zu finden. Es ging um die visuelle Konzentration der Kinder, ein Aspekt, der für die Menschen bei ihrer Suche nach Erzgesteinen über Jahrtausende Gültigkeit hatte. Hatten die Kinder Steine gefunden, so ging es nun munter ans Werk, sprich ans Steineklopfen. Ziel war es, aus dem Fundmaterial Farbe zu gewinnen. Die grobe Vorarbeit machte der Hammer, die Feinarbeit erfolgte mittels Reiben zwischen zwei flachen Steinen. Die Beifügung von Ei, Leinöl und Wasser wirkte als Zauber-, oder besser gesagt, als Bindemittel und die Farbe war geschaffen. Der Kristberg bot ideale Bildträger, ließen sich doch geisterhaft aussehende Wurzeln, Äste, Baumstümpfe oder wiederum Steine mit den aus der Natur gewonnenen Farben bemalen und so etwas wie eine mittelalterliche Mystik schaffen - ohne Gewähr auf Authentizität, wie sich von selbst versteht. Und klar war auch: Das Ziel des Projekts waren nicht perfekt geschaffene Objekte, sondern vielmehr der Umgang mit dem Thema, die Arbeit in und mit der Natur und letztlich auch das Teamwork.(Foto: Montafoner Museen) Museen spiegeln die sie umgebende Kulturlandschaft, und so war es folgerichtig, dass die Kinder den Weg auf den Kristberg suchten, um an jene Stätte zu gelangen, die Hauptbeweggrund für die Doppelausstellung im Klostertal und Montafon war. Aber auch die Museen selbst konnten neben ihren Ausstellungen etwas bieten. Lehrpersonen aus dem Klostertal und dem Montafon erarbeiteten aus den Ausstellungsinhalten einen Museumskoffer, der sich mit dem Thema der Kirche am Kristberg, dem Bergbau und den Geschichten um diesen Ort befasste. Parallel dazu bot Klaus Bertle gemeinsam mit einem professionellen Schmid ein spektakuläres Programm für Kinder an, das während der Langen Nacht der Museen zu einer Langen Nacht des Schmiedens wurde - die letzten Kinder verließen gegen Mitternacht die glühende Esse, nun wissend, dass die Kunst des Schmiedens zwar auch Kraft aber vielmehr noch Geschicklichkeit benötigt. Mai 2008 |
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