Erfahrungen und Strategien mit Datenbanken im Internet am Beispiel des Stadtarchivs Dornbirn: Das Projekt "Dornbirn Lexikon"

Werner Matt, Stadtarchiv Dornbirn

Das Stadtarchiv Dornbirn hat Anfang Mai 2008 das Dornbirn Lexikon der Öffentlichkeit präsentiert. Werner Matt berichtet in seinem Artikel über Erfahrungen und Strategien mit Datenbanken im Internet am Beispiel des Stadtarchivs Dornbirn. Das Projekt Dornbirn Lexikon zeigt, wie Archivalien und Forschungsergebnisse durch digitale Medien, im besonderen durch das Internet, öffentlich zugänglich gemacht werden. Die aktive Beteiligung der Bevölkerung nimmt dabei einen wichtigen Stellenwert ein.

Amt und Sorge der Archivare muß nicht vorzugsweise auf ihre Delikatessen d.h. die Wissenschaft, sondern vorzugsweise auf das tägliche Brot des Staats und seiner Bürger gerichtet werden.
(Franz von Löher, 1876) [1]

Das Internet bietet zahlreiche Möglichkeiten, verschiedenste Inhalte einer sehr großen Öffentlichkeit anzubieten. Im vorliegenden Beitrag soll aber weder die Anlage bzw. Betreibung einer Archiv-Homepage noch die Möglichkeiten zur Kommunikation durch E-Mails im Internet behandelt werden, sondern die Öffnung von Datenbanken für das Internet.

Grundsätzlich folgt die strategische Planung im Stadtarchiv Dornbirn sowohl einem Leitbild als auch gemeinsam mit der Stadtverwaltung erarbeiteten Zielvorgaben. Das Stadtarchiv wurde 1981 erstmals hauptamtlich besetzt. Ein Leitbild für das Stadtarchiv wurde erarbeitet, das eine Zweiteilung vorsah. Das Archiv war fortan nicht nur als "Gedächtnis der Verwaltung" tätig, sondern öffnete sich auch als "Gedächtnis der Menschen" nach außen. Die konsequente Arbeit nach "innen" und nach "außen" sowie die damit verbundenen Erfolge führten zu einer spürbaren Aufstockung des Personalstandes. [2]

Die Zielvorgaben, an die das Archiv gebunden ist, beruhen auf Produktdefinitionen, die das Leistungsangebot des Stadtarchivs gegenüber der Stadtverwaltung und der Öffentlichkeit festlegen. Im Falle des Stadtarchivs Dornbirn wurden drei Produkte definiert. Da sind zum einen die Kernaufgaben des Archivs gegenüber dem Rechtsträger und der Öffentlichkeit. Das zweite Produkt umfasst den Dokumentationsauftrag des Archivs, die Sammlungstätigkeit genau definierter Objekte und Bereiche. Der letzte Bereich umfasst den Themenkreis "Forschen und Vermitteln" hier sind sowohl Forschungsvorhaben und wissenschaftliche Tagungen [3] angesiedelt als auch die Veranstaltung und Unterstützung populärer Vortragsreihen wie Montagsforum [4], Erzählcafés und Geschichtswerkstatt etc. [5]

Nun sind Stadtarchive in Mittel- und Kleinstädten nicht jene unsinkbaren Flagschiffe, wie sie die großen Archive darstellen. Die kleineren Archive sind - wie es Dr. Fritz Mayrhofer einmal ausdrückte - für die politische Verwaltung "nice to have", also durchaus nicht unverzichtbar. Das stete Ringen um (personelle und finanzielle) Anerkennung hat aber auch sein gutes. Gefordert sind eine durchdachte Betriebsökonomie, um die wenigen Mittel möglichst wirksam einzusetzen. Und dabei sollte noch der schwierige Spagat gelingen, zwar möglichst in der Öffentlichkeit präsent zu sein, dies jedoch in einer sinnvollen Art und Weise. Eine reine Ankündigungspolitik zahlt sich auf lange Sicht nicht aus.


Grafik 1 (Abbildung: Stadtarchiv Dornbirn)

Den oben geäußerten Überlegungen folgend, hat sich das Stadtarchiv Dornbirn von der klassischen Vermittlungsform (Grafik 1) gelöst. Hier wurden, einem Einbahnsystem gleichend, Informationen von oben nach unten vermittelt. Das Archiv funktionierte wie ein artesischer Brunnen, aus dem das Wissen in Form von Büchern, Aufsätzen, Vorträgen und Führungen sprudelte. Die Archivarin bzw. der Archivar gab sein Wissen auch in vielfältigen Vorstandsmitgliedschaften weiter. Auf diese Weise wurde zwar der Vermittlungsauftrag erfüllt, die Präsenz des Archivs in der Öffentlichkeit sichergestellt und der leitenden Person Aufmerksamkeit zuteil, aber es blieb eine sehr einseitige Art der Kommunikation, in der das Archiv zudem die Hauptlast der Arbeit zu leisten hatte.


Grafik 2 (Abbildung: Stadtarchiv Dornbirn)

Die Nähe zu den Menschen, eine Tatsache, die Stadtarchive in besonderer Weise auszeichnet, wird nun im neuen Konzept (Grafik 2) als zusätzlicher Faktor genutzt, um einerseits dem Dokumentationsauftrag nachzukommen, andererseits um auch im Bereich klassischen Archivbestände sowie der Forschung und Vermittlung durch Zusammenarbeit mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern, Arbeitsgruppen und Initiativen einen Mehrwert für das Archiv zu gewinnen. Wobei die Betonung auf Mehrwert liegt, denn solche Projekte bedeuten einen nicht zu unterschätzenden Mehraufwand und die Abwägung, ob die in Betreuung und Organisationsaufwand investierte Arbeitszeit im Verhältnis zum Ergebnis wirklich gerechtfertigt ist, muss unbedingt vor Projektbeginn erfolgen. Denn allein der "Propagandaeffekt" für die Öffentlichkeitsarbeit ist als Resultat für die aufgewendete Arbeitszeit nicht wirklich ausreichend.

Für diese Art der Zusammenarbeit mit dem Publikum ist das Internet als Medium geradezu prädestiniert.


Screenshot der Homepage des Dornbirn Lexikon (Abbildung: Stadtarchiv Dornbirn)

Das Projekt Dornbirn Lexikon

Seit längerem existierte das Projekt eines kleinen biographischen Lexikons für die Stadt Dornbirn. Ausschlaggebend war, dass es für Dornbirn kein geeignetes Instrument gibt, um sich schnell, aber doch ausreichend über Personen öffentlichen Interesses zu informieren und weiterführende Angaben zu finden. Das geplante biographische Lexikon konnte nicht umgesetzt werden, die zugrunde liegende Idee wurde durch die Möglichkeiten, die durch die Einführung des Internets entstanden, wieder aktuell. Inzwischen war auch das dreibändige Stadtbuch erschienen, das die benötigte wissenschaftliche Grundlage bot. Die vom Archiv herausgegebenen Hefte zur Stadtkunde, die "Dornbirner Schriften" bieten mit ihren inzwischen recht stattlichen Zahl ebenfalls wichtige Informationen. Viele kleine Beiträge und Artikel von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Stadtarchivs, die im Amtsblatt der Stadt Dornbirn oder in der stadteigenen Seniorenzeitschrift der Stadt erschienen, bieten gute Grundlagen für Lexikabeiträge.

Auch der Erfolg des "Familienbuchs" im Internet war ein wesentlicher Ansporn. Mit der Unterstützung der Abteilungen "Informatik" und "Öffentlichkeitsarbeit" konnte das Projekt wieder gestartet werden. Allerdings wurde der Fokus nun wesentlich breiter angelegt, alle Sujets, die mit Dornbirn verbunden sind, konnten nun im Dornbirn Lexikon Platz finden. Auch sollten die Möglichkeiten des Internets genützt und Interessierten die Möglichkeit zur Mitarbeit gegeben werden.

Für das Stadtarchiv waren folgende Punkte für die Entscheidung zur Durchführung des Projektes ausschlaggebend:

  • Häufig wiederkehrende "Wissensfragen" an das Stadtarchiv - Entlastung durch das Internetlexikon.
  • Gute Forschungs- und Publikationslage.
  • Erfolg des "Familienbuchs" bzw. diverser anderer Internetlexika als Vorbild.
  • Miteinbeziehung der Bevölkerung, neue Publikationsmöglichkeit für Forscher.
  • Laufende Korrektur und Ergänzungsmöglichkeiten.
  • Unterstützung durch verschiedene städtische Abteilungen.
  • Engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Bei der Umsetzung dieses Projektes wurde von Anfang an darauf geachtet, dass sowohl Schulen, wie auch stadtkundlich Interessierte mitarbeiten können. Ein eigenes Projekt mit der Hauptschule Bergmannstraße unter der Leitung von Conrad Kleiser testete die Möglichkeit der Mitarbeit von Schülerinnen und Schülern.

Im Sommer 2007 erfolgte der eigentliche Beginn des Projektes sowohl in struktureller als auch in technischer Hinsicht. In Zusammenarbeit mit der EDV-Abteilung der Stadt wurde das Lexikon im Rahmen der Homepage der Stadt Dornbirn als TYPO3-Datenbank eingerichtet.

Wichtige Punkte waren die sehr prominente Platzierung der Autorinnen und Autoren, als Dank für die ehrenamtliche Arbeit. Auch die ein, zwei wichtigsten Literaturzitate sind zwingend vorgeschrieben. Einerseits um die weiterführende Recherche zu begünstigen, andererseits um die Publikationsreihen des Archivs, aus denen die Zitate meist stammen, zu bewerben. Ferner ist die intensive Nutzung der Fotosammlung des Stadtarchivs sowie des Archivs der mündlichen Geschichte um mit Bildern und Interviewzitaten vorgesehen, um ein attraktives Erscheinungsbild zu erreichen und gleichzeitig auch, um für die Sammlungen des Archivs zu werben.

Abschließend kann gesagt werden, dass das Projekt einen verhältnismäßig großen Arbeitsaufwand für die Realisierungsphase bedeutet. Die laufende Betreuung und Aktualisierung sowie die jederzeit mögliche Miteinbeziehung der Bevölkerung als aktiver Part diesen erhöhten Aufwand im Verhältnis zu einer Buchproduktion jedoch aufwiegt. Für das Stadtarchiv ist dieses Projekt gleichzeitig sein Beitrag im EU-Projekt "Roots and Wings", das Archiv hat die aktive Beteiligung der Bevölkerung am Lexikon unter dem Aspekt "Lebenslanges Lernen" verwirklicht. Das Lexikons wurde im Mai 2008 unter lexikon.dornbirn.at bzw. der Homepage des Stadtarchivs freigeschaltet.

[1] Zit. Nach Hartmut Weber, Bewertung im Kontext der archivischen Fachaufgaben, in: Andrea Wettmann (Hg.), Bilanz und Perspektiven archivischer Bewertung (= Veröffentlichungen der Archivschule Marburg, Nr. 21), Marburg 1994), S. 63.

[2] Zum Stadtarchiv Dornbirn allgemein vgl. Werner Matt: Das Stadtarchiv Dornbirn. Aufgaben und Möglichkeiten eines lokalen Archives. In: Karl Heinz Burmeister und Alois Niederstätter: Der 5. Vorarlberger Archivtag am 12. Oktober 1993 in Dornbirn. Montfort. Vierteljahresschrift für Geschichte und Gegenwart Vorarlbergs. 1993, Heft 4.

[3] Vgl. aktuell: Thomas Albrich/Werner Matt/Hanno Platzgummer (Hg.): Stadt und Bürgertum im Bodenseeraum. Dokumentation zur internationalen Tagung "Stadt und Bürgertum im Bodenseeraum", 6. Dornbirner Geschichtstage. Dornbirn 2008.

[4] Vgl. dazu Montagsforum.

[5] Vgl. dazu allg. Stadtarchiv Dornbirn und Dornbirner Geschichtswerkstatt.