Kunst- und Kulturvermittlung im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
Katharina Walter
Vermittlungsarbeit am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
In den letzen Jahren wurde in der Vermittlungsarbeit am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum ein besonderer Schwerpunkt auf die personale Vermittlung gelegt. Im Vordergrund steht dabei vor allem ein kontinuierliches Bespielen der eigenen Bestände in den Schausammlungen.
Ein wesentlicher Teil der Vermittlungsarbeit richtet sich an Schulen und Kindergärten, mit dem Anliegen, Schule, Kindergarten und Museum als kulturelles Netzwerk zu begreifen. Das Angebot umfasst museumspädagogische Aktionen und Workshops mit thematischen Schwerpunkten und experimentellen Zugängen, die auf die jeweilige Altersgruppe abgestimmt sind, und schließt Fortbildungen, Informationsnachmittage und Impulsmaterialien für LehrerInnen und KindergartenpädagogInnen mit ein. Verschiedene Initiativen wie gemeinsame Ausstellungsprojekte mit SchülerInnen oder die Institutionalisierung von KontaktlehrerInnen an Schulen führen zu einer Stärkung der Kooperation zwischen Schule und Museum. Die Vermittlungsarbeit für den Freizeitbereich umfasst Aktionen, Workshops, dialogische Rundgänge, Ausstellungsgespräche und das Offene Atelier (Foto: Dorothea Bouvier-Freund). Ein Schwerpunkt der Konzepte liegt auf generationsübergreifenden Angeboten.
Sonderprojekte wie der Schwerpunktmonat der Naturwissenschaftlichen Sammlungen oder spezielle Angebote mit Eventcharakter wie der Langen Nacht der Museen, dem Nationalfeiertag und Zu Weihnachten runden das Angebot ab.
Lernen im Museum und was E-Learning leisten muss
Der Aspekt des Lebenslangen/Lebensbegleitenden Lernens gewinnt allgemein immer mehr an Bedeutung. Dabei ist Lernen in unserer Gesellschaft generell schwer von der Erziehungs- und Bildungspraxis zu trennen. Man denkt beim Begriff Lernen vor allem an Schulen, Universitäten etc. - Orte des so genannten formellen Lernens. Das Museum bietet die Möglichkeit, ein Ort des informellen Lernens zu sein, ohne direkte Leistungsüberprüfung.
Wir werden als LernerIn gestärkt, wenn wir den Prozess kontrollieren können, wenn wir das Wissen aktiv verfolgen, als es passiv zu konsumieren. Dabei ist in der Vermittlungsarbeit die affektive und soziale Dimension des Lernens sehr wichtig. Der soziale, persönliche und kulturelle Kontext sind einzubeziehen. Kognitive Aspekte dürfen dabei aber nicht übersehen werden. Es gilt, von und mit Objekten zu lernen, und nicht einfach über sie. (Foto: Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum)
Wichtig erscheint mir daher, den Einsatz von E-Learning im Sinne des Offenen Lernens zu gestalten. E-Learning muss eine Auswahl von Aktivitäten aus einem persönlichen Menü von Angeboten je nach Zielgruppe ermöglichen. D. h.: Es muss Lerner-zentriert sein. Es muss die Möglichkeit der Interaktion bieten für Erzählformen, für die Wissensvermittlung und für künstlerische Ausdrucksmittel. Wirklich interaktive Exponate verlangen eine Entscheidungsfindung von BesucherInnen. Wichtig ist daher ein Nutzer-gesteuertes Tempo der Wissensvermittlung.
Welchen Nutzen hat der E-Learning-Einsatz in der Vermittlungsarbeit am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum?
Das Museum kann generell die Möglichkeit digitaler Technologien nützen, um Gemeinschaften außerhalb des Museums zu erreichen, die aufgrund von historischen, geografischen oder gesellschaftlichen Gründen, nie oder nur selten das Museum betreten.
Der Einsatz von E-Learning ist vor allem dann sinnvoll, wenn Präsenzphasen im Museum unmöglich sind. Oft ist der Besuch des Museums und einer Vermittlungsveranstaltung mit einem hohen Aufwand verbunden: die Anfahrt zum Museum, die Fahrtkosten und Eintritte ins Museum oder für Schulen z.B. die Unflexibilität aufgrund der festen Unterrichtszeiten. Meiner Meinung ist gerade die Kombination von E-Learning und einer Präsenzveranstaltung im Museum eine effiziente Möglichkeit, die Auseinandersetzung und Aneignung von Wissen zu unterstützen. Das reale Objekt darf jedoch nicht durch das virtuelle Objekt obsolet werden.
Mit E-Learning ist außerdem eine überregionale und über die institutionellen Grenzen hinaus mögliche Vermittlungsarbeit durchzuführen. Im Sinne des Leitbildes des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum (2001), die Kulturgeschichte des Landes zu vermitteln (mit Einbeziehung der Bestände aus Tirol in seinen historischen Grenzen mit Südtirol und dem Trentino), werden auch weiter entfernte Zielgruppen erreicht. Der Einsatz von E-Learning macht interdisziplinäre Verknüpfungen innerhalb der drei Häuser und der sieben Sammlungen oder die Vernetzung verschiedener Institutionen zum gleichen Thema, auch überregional, möglich. "Das Ferdinandeum versteht sich als eine im Verbund mit den Museen in der künftigen Europaregion Tirol und im überregionalen Verband der Museen wirkende Institution." (Leitbild 2001)
Der Einsatz von E-Learning gewährleistet eine längere Begleitung von Projekten, ein kontinuierlicheres Arbeiten im Sinne einer effizienteren Vorbereitung bzw. Nachbereitung des Museumsbesuches.
Außerdem können Objekte, die nicht ausgestellt sind (z. B. in den Depots) in dieser Weise erschlossen werden bzw. als Vergleich zu ausgestellten Werken virtuell hinzugezogen werden. Bereiche werden sichtbar gemacht, die im Regelfall für BesucherInnen nicht zugänglich sind, wie beispielsweise die Restaurierungswerkstätten.
E-Learning eignet sich auch für BesucherInnen-Rückmeldungen und steigert damit die gegenseitige Erreichbarkeit.
Generell ist zu überlegen, inwieweit für eine Umsetzung eines solchen Projektes bereits gespeicherte Objekt- und Bilddaten im Museum für die Bereitstellung dynamischer Inhalte im Sinne einer E-Learning-Anwendung genützt werden können und damit schon bestehende Ressourcen in die Entwicklung einbezogen werden.
Abbildungshinweis
Foto Offenes Atelier: Dorothea Bouvier-Freund.
Foto SchülerInnen: Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum.
Zitierhinweis
Walter, Katharina; Kunst- und Kulturvermittlung im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum; http://kukuk.lo-f.at/walter-museumspaed.html; Zuletzt geändert am: 31.3.2006.
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