Kulturvermittlung im 21. Jahrhundert
Archive auf neuen Wegen
Gertraud Zeindl
Archive gelten zusammen mit Bibliotheken und Museen als Kulturbewahrer der Menschheit und werden als "Gedächtnis der Gesellschaft" bezeichnet. Waren in früherer Zeit die Bestände eines Archivs in der Regel dem Zugang der Allgemeinheit verschlossen geblieben, so ist es heute eine primäre Aufgabe der Archivarin und des Archivars, den Zugang allen Interessierten in geeigneter Weise zu gewähren.
Dieses grundsätzliche Recht auf Einsicht in Archivgut ist auch in den einzelnen Bundesländer weit geltenden Archivgesetzen festgeschrieben. Hierbei geht es um die professionelle Erfassung, Aufbewahrung und Bereitstellung qualitativ und quantitativ relevanter Archivalien. In Bezug auf die Bereitstellung von Archivalien muss das Archiv des 21. Jahrhunderts neue Wege beschreiten, um den gesellschaftlichen Wandel gerecht zu werden und die Bedürfnisse des Benutzers, des Kunden, zu berücksichtigen.
Die demokratische Gesellschaft der Gegenwart hat ein Recht auf umfassende Information und gerade dabei haben die Archive eine zentrale Bedeutung. Am Beginn des 21. Jahrhunderts herrschen zwei Gesellschaftskonzepte vor, mit denen sich auch die Archive auseinander zu setzen haben: Das sind zum ersten das Modell der Informations- bzw. Wissensgesellschaft mit ihrer Forderung nach neuen Medien und zum zweiten das Modell der Erlebnisgesellschaft mit ihrer Forderung nach Events. Hierauf muss die Archivarbeit, sowohl die wissenschaftliche wie volksbildnerische Tätigkeit, ausgerichtet sein.
Ein Archivar hat nicht nur die Verpflichtung zu einer wissenschaftlichen Bearbeitung der Archivbestände, sondern auch den kulturellen und gesellschaftlichen Auftrag zur Vermittlung des bewahrten Wissens. Bisher wurde diese bildnerische Aufgabe in Form von Editionen, Regesten, Inventaren und historisch wissenschaftlichen Publikationen wahrgenommen. Nun muss das Archiv auf den schon genannten gesellschaftlichen Wandel reagieren, um weiterhin die Öffentlichkeit zu erreichen.
Wie in vielen anderen Bereichen, greift auch das Archiv auf das Medium des Internets zu. Die Möglichkeit neue Zielgruppen zu erreichen, die vor diesem technischen Wandel nur äußerst schwer anzusprechen waren, wurde zum Großteil von den Archiven bereits erkannt. In diesem Zusammenhang soll die schon oben erwähnte volksbildnerische Aufgabe zum Tragen kommen. Wobei berücksichtigt werden muss, dass in Österreich nie geeignete Grundlagen geschaffen worden sind, um Archiven das Nachkommen eines Bildungsauftrages zu ermöglichen.
Anders war hier die Entwicklung z.B. in Frankreich, wo in den 1950er Jahren ein "Service éducatif d’histoire" begründet und damit eine Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen Archiven und Schulen gelegt wurde. Auch in Deutschland wurden Dienststellen für Archivpädagogen in Archiven eingerichtet. Österreichische Archive besitzen nun durch die Entwicklung und Etablierung des Internets als Portal der Öffentlichkeit wie auch des Zugangs zur Öffentlichkeit die Möglichkeit, gerade im Bereich der Kulturvermittlung gegenüber anderen Staaten aufzuholen.
Besonders Schüler und Studenten sind potentielle Archivkunden, die durch das Internet auch in ihrer Freizeit, sprich außerhalb der Schule oder Universität, besonders gut erreichbar sind und mittels einer pädagogischen Aufbereitung von einzelnen Archivbeständen im Internet das Archiv als Kulturvermittler erfahren.
Abbildungshinweis
Foto: Stadtarchiv Innsbruck.
Zitierhinweis
Zeindl, Gertraud; Kulturvermittlung im 21. Jahrhundert.
Archive auf neuen Wegen; http://kukuk.lo-f.at/zeindl-archiv.html; Zuletzt geändert am: 31.3.2006.
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