KUKUK
Kunst Kultur Kommunikation

Digitale Medien in der Kunst- und Kulturvermittlung - Zum derzeitigen Stand des E-Learning-Einsatzes in Museen und Archiven

Marion R. Gruber


Akustische Führungssysteme im Museum

Führungen zählen bislang zu den beliebtesten Vermittlungs- und Bildungsangeboten in Museen (BfBWK o. J.; StMB & IFM 2002; ÖKS 2001; Rath 1998) und Archiven (KUKUK-Umfrage 2006). Neben diesem personalen Vermittlungsangebot, das durch eigens geschultes Führungspersonal, Museumspädagogen oder Archivare durchgeführt wird, stehen vor allem in Museen auch mediale Vermittlungsangebote wie akustische Führungssysteme zur Verfügung. Durch diese Systeme erhält der Besucher auditive Informationen zu einzelnen Objekten, Themen, Epochen oder Künstlern. (StMB & IFM 2002; IFM 2002)

Das Angebot und der Einsatz akustischer Systeme ist sehr vielfältig. Dazu zählen der CD-Player ebenso wie der iPod oder der vielerorts eingesetzte Audioguide. Es scheint, dass akustische Führungssysteme derzeit eine Renaissance erleben, das durch zahlreiche Projekte ersichtlich wird (z. B.: Domke-Tiemann & Ohmert 2003 sowie Kunsthaus Bregenz, Kunsthistorisches Museum Wien, Kunstmuseum Bonn und Staatsgalerie Stuttgart).

Der Vorläufer des heute so populären Audioguides ist der Walkman. Er findet in besonders kleinen Häusern immer noch Verwendung (StMB & IFM 2002), wurde aber in den meisten Museen, Ausstellungshäusern oder Galerien durch seinen Nachfolger, den portablen CD-Player (Discman), abgelöst. Größere Speicherkapazität und Flexibilität bei der Auswahl der gewünschten Informationen gaben der Verwendung der CD gegenüber der herkömmlichen Tonbandkassette den Vorzug. Ein weiterer Schritt war die Entwicklung des so genannten Audioguides, der durch die Verbindung mit anderen Services neue Möglichkeiten bietet. Derzeit werden in einzelnen Häusern auch iPods im Ausstellungsraum eingesetzt. Dazu werden im Internet Audiodateien zum Download angeboten. Für einen Museumsrundgang mit dem Mobiltelefon sind online ebenfalls Audiodateien verfügbar. Beispielsweise bot das Austin Museum of Art in Texas Mobiltelefon-Touren (cell-phone tours) für die "Annie Leibovitz" Ausstellung an (Bowers 2005).

Dem Institut für Museumskunde (IFM 2002) zufolge, war 2001 die Gruppe der Museen in Deutschland, die akustische Führungssysteme in der Vermittlungs- und Bildungsarbeit einsetzt, noch relativ klein. Die durch die KUKUK-Online-Umfrage durchgeführte Stichprobe zeigt hingegen, dass in Tirol, Vorarlberg und Südtirol 2005/2006 bereits ein gutes Viertel der befragten Institutionen Audioguides in der medialen Kunst- und Kulturvermittlung einsetzen.

Im Folgenden werden die verschiedenen Einsatzmethoden akustischer Führungssysteme wie Audioguide, audiovisuelles Environment und iPod vorgestellt und verschiedene Projekte beschrieben.


Audioguide

Der Audioguide - auch Personalguide genannt - stellt eines der ältesten Vermittlungsgeräte dar, die im Museum eingesetzt werden. Früher noch mit Tonbändern ausgestattet, basieren die Geräte heute auf digitalen Technologien und besitzen oft eine technische Ausstattung, die modernen Mobiltelefonen ähnelt.

Die Funktionsweise dieser elektronischen Führer durch die Ausstellung zeigt sich einfach. Der Museumsbesucher macht mit dem Audioguide einen akustisch geleiteten Rundgang durch das Museum. Bei den Kunstwerken und Kulturobjekten sind Nummern angebracht, welche vom Benutzer in das Gerät eingegeben werden. Die zuvor auf dem Audioguide gespeicherten Informationen werden entsprechend dieser Nummer abgespielt. Da der Besucher in der Regel die Bilder aussucht, die nummeriert sind, wird ein vorgegebener Weg durch die Ausstellung genommen.

MyCollection: Mein Katalog. Mein Poster
Im Kunsthistorischen Museum Wien wird seit Ende April 2005 ein neues Informationsservice angeboten. MyCollection: Mein Katalog. Mein Poster verbindet zwei Services miteinander: Audioguide und Printing on Demand (Printing on Demand bedeutet, dass bei Bedarf beziehungsweise auf Anforderung ausgedruckt werden kann). Während des Rundgangs können nicht nur Informationen zu den Kunstwerken abgehört, sondern mittels Tastendruck Lieblingsmotive gespeichert werden. Die gespeicherten Informationen werden an der Servicestation ausgelesen und ausgewählt. In wenigen Minuten wird dementsprechend ein individueller Katalog mit erklärenden Texten angefertigt. Es besteht ferner die Möglichkeit ein Poster - Mein Poster - in verschiedenen Größen anfertigen zu lassen.


Audiovisuelles Environment

An die Erfahrung mit dem Audioguide knüpft das Konzept des audiovisuellen Environments. Dieses System ergänzt den realen Raum des Museums um einen virtuellen akustischen Raum. Dabei wird dem Museumsbesucher ein interaktiver Zugang zu personalisierten und ortsunabhängigen Räumen mit Audio-Informationen zur Verfügung gestellt. Dabei ortet ein drahtloser Kopfhörer die Bewegung des Besuchers und gibt ihm die entsprechende Klanginformation. Das lästige Eintippen der Objektnummern in den Audioguide fällt bei diesem System weg. Es erkennt selbstständig, wo sich der Besucher befindet.

Macke Labor
Das Macke Labor des Kunstmuseums Bonn bietet anhand einer repräsentativen Bildauswahl Einblick in das Schaffen des Künstlers August Macke (1887-1914). Neben bekannten Gemälden werden selten gezeigte Aquarelle und Zeichnungen in einer speziell entworfenen Ausstellungsarchitektur präsentiert. Mackes Bilder wurden in einen differenzierten Klangraum eingebunden, "in dem Sprache und Geräusche die visuelle Erfahrung assoziativ ergänzen und reflektieren" (Diehl & Hagenberg 2004, S. 139). Zu Wort kommen fiktive und historische, aber auch reale Personen im Originalton. Diese Kommentare lassen "ausgewählte Orte und Situationen in Mackes Schaffen lebendig werden" (Diehl & Hagenberg 2004, S. 139). Dadurch wird die konventionelle Form der Museumsführung mit dem Audioguide um Elemente des Radio-Features erweitert.

Die Installation basiert auf einer neuartigen Audiotechnologie, die im Rahmen des von der Europäischen Union geförderten interdisziplinären Forschungsprojekts LISTEN entwickelt wurde. Über Funkkopfhörer wird eine faszinierende Akustik erzeugt, die mit einer realen Klangkulisse vergleichbar ist. Was der Besucher hört, hängt von seiner eigenen Bewegung im Raum und der jeweiligen Blickrichtung ab. (Diehl & Hagenberg 2004) Neben dem Kunstmuseum Bonn, sind das Fraunhofer-Institut für Medienkommunikation IMK, das Pariser Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique und das AKG Acoustics in Wien an diesem Projekt beteiligt.


iPod und Podcast

Der von der Firma Apple auf den Markt gebrachte iPod fungiert bereits in mehreren Museen als elektronischer Ausstellungsführer. Als Beispiel dafür ist das Historische Museum Bern zu nennen. Einige Museen bieten auch im Internet Podcasts (MP3-Dateien) zum Download an wie beispielsweise das BA-CA Kunstforum Wien, das Museum Moderner Kunst, Stiftung Ludwig Wien, das Château de Chenonceau bei Paris, das Hirshhorn Museum and Skulpture Garden in Washington, das Museum of Modern Art New York, das Mori Art Museum in Tokio oder die Tate Gallery. Der iPod ist ein Gerät, das zum Musikhören selbst aufgenommener oder aus dem Internet herunter geladener Audiodateien (MP3) verwendet wird. Bei der Verwendung im Museum werden zuhause Audiodateien über das Internet gedownloadet und auf dem eigenen Gerät für den Museumsrundgang abgespeichert. In den Institutionen selbst stehen oft auch Leihgeräte zur Verfügung.

BA-CA Kunstforum Wien
Das BA-CA Kunstforum Wien bietet verschiedene PodCasts im Internet zum Download an. Darunter sind Audiodateien zu den Ausstellungen "EROS in der Kunst der Moderne" und "Marc Chagall - Meisterwerke 1908-1922", weiters Podcasts von Markus Lüpertz, Georg Ringsgwandl über Verrückte Liebe oder Gerlind Zeilner, Abstracts Papers, Verrückte Liebe u.v.m. Hierbei handelt es sich um ergänzende Materialien wie Interviews, Sendungen und Musikstücke zu den jeweiligen Ausstellungen.

Historisches Museum Bern
Im Historischen Museum Bern wurde für die Einstein-Ausstellung "100 Jahre Relativitätstheorie" 2005-2006 ein Appel-iPod eingesetzt. In sieben verschiedenen Sprachen konnte der Besucher die Ausstellung mit dem elektronischen Führer erkunden. Der iPod für das Museum war einfach in der Bedienung, informativ und gut verständlich. Er kommentierte Bilder und informierte über das Leben und Wirken des Physikers Albert Einstein. Die gesamte Ausstellung konnte von A-Z an einem Stück durchschritten werden. Es waren 69 Informationsstandorte vorhanden, die auch einzeln angesteuert werden konnten. Dabei handelte es sich um Räume, Vitrinen oder Bildtafeln, deren Standortnummer wie bei einem Audioguide in den iPod eingegeben wurde. Die von professionellen Sprechern produzierten Texte waren teilweise mit Musik unterlegt oder wurden dadurch ergänzt. 140 iPods standen in dieser Ausstellung zur Verfügung. Gegen ein geringes Entgelt und die Abgabe des Personalausweises konnte ein iPod für den Museumsrundgang ausgeliehen werden. Nach Auskunft des Museumsdirektors Peter Jelzer erhielt der iPod als elektronischer Museumsführer begeisterte Reaktionen.


Podcasting in den USA
In den USA ist das Podcasting sehr beliebt. Mehrere Museen bieten ihre offiziellen, autorisierten Museumstouren in MP3-Format online zum Download an. Mit dem eigenen iPod und den darauf gespeicherten Audiodateien ist ein Rundgang durch das Museum möglich. Das sind beispielsweiese das Tacoma Art Museum, das Santa Barbara Museum of Art und das San Jose Museum of Art in Kalifornien, das Museum of Fine Arts, Boston in Massachusetts oder das Burlingame Museum of Pez Memorabilia ebenfalls in Kalifornien.

Es gibt aber ebenso unautorisierte, inoffizielle Museumsrundgänge im Internet, auf die über iTunes zugegriffen werden kann. Beispielsweise wird vom Slate Magazine für die Modern Art Gallery des Metropolitan Museum of Art, New York (Met’s Modern Gallery) ein solcher Rundgang zum Download angeboten. Zusätzlich zum MP3-File steht ein Plan der Galerieräume im PDF-Format zur Verfügung. Dieser Audiobeitrag von Lee Siegel liefert Einblicke und gibt Geheimnisse preis, die aus den offiziellen Informationen des Museums nicht hervorgehen. Diese Art der Kunstkritik missfällt natürlich der Museumsleitung. (Bowers 2005)

Ein anderes Podcasting-Projekt wurde am Marymount Manhattan College initiiert und heißt Art Mobs. Die College-Studenten produzierten (inoffizielle) Audiotouren für das Museum of Modern Art in New York. Die Texte beinhalten die eigenen Eindrücke und Gedanken der Studenten zu mehreren berühmten Kunstwerken. (mod.blogs.com o. J.) Mittlerweile kann jeder mitmachen und zu seinem Lieblingskunstwerk seine eigenen Kommentare als MP3 zum Download bereitstellen.
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Literatur

BfBWK o. J.:
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Sektion IV (Hrsg.). (o. J). Evaluierung der Österreichischen Bundesmuseen. Wien.

Bowers 2005:
Bowers, A. (2005, July). Introducing Slate Audio Tours. The commentary museums don’t want you to hear. Webseite (http://www.slate.com/id/2123266), Zugriff am: 30.6.2007.

Diehl & Hagenberg 2004:
Diehl, R. und Hagenberg, J. (2004). LISTEN - ein neues audiovisuelles Medium. In B. Commandeur und D. Dennert (Hrsg.), Event zieht - Inhalt bindet. Besucherorientierung auf neuen Wegen (S. 139-141). Bielefeld: Transcript.

Domke-Tiemann & Ohmert 2003:
Domke-Tiemann, A. und Ohmert, C. (2003). Ungewöhnliche Methoden der Kunstvermittlung in der Kunsthalle zu Emden. In Schöppinger Forum der Kunstvermittlung in der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen (Hrsg.), Zum Stand der Kunstvermittlung heute (S. 22-38). Schöppingen: Verlag Stiftung Künstlerdorf Schöppingen. (Dokumentation der Tagung im Oktober 2002).

IFM 2002:
Institut für Museumskunde (Hrsg.). (2002). Akustische Führungen in Ausstellungen und Museen. Bericht zur Fachtagung im Filmmuseum Berlin 2001. Berlin: Institut für Museumskunde.

KUKUK-Umfrage 2006:
Gruber, M. R., Walter, K. & Zeindl, G. (2006). KUKUK - Kunst, Kultur, Kommunikation - Auswertung der Online-Umfrage. Innsbruck.

mod.blogs.com o. J.:
mod.blogs.com. (o. J.). Art Mobs to Remix MoMA (With Your Help). Webseite (http://mod.blogs.com/art_mobs/), Zugriff am: 30.6.2007.

ÖKS 2001:
Österreichischer Kultur-Service (Hrsg.). (2001). Studie "Kunst und Bildung". Personale Kunstvermittlung in Bildungsprozessen. Wien.

Rath 1998:
Rath, G. (1998). Museen für BesucherInnen. Eine Studie. Wien: WUV-Universitäts-Verlag.

StMB & IFM 2002:
Staatliche Museen zu Berlin - Preussischer Kulturbesitz & Institut für Museumskunde (Hrsg.). (2002). Museumskunde (Hrsg.). (2002). Statistische Gesamterhebung an den Museen der Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 2001. Berlin. (Heft 55).


Inhalt

Vorwort

Akustische Führungssysteme im Museum
Audioguide
Audiovisuelles Environment
iPod und Podcast

Computergestützte Besucherinformationssysteme
Multimediaterminals
CD-Rom und DVD
Personal Digital Assistant im Ausstellungsraum
3D-Simulation

Internetpräsentationen
Virtuelles Museum
Virtuelles Archiv
E-Learning-Angebote im Internet

Schlussbemerkungen


Zitierhinweis

Gruber, Marion R. (2007). Digitale Medien in der Kunst- und Kulturvermittlung - Zum derzeitigen Stand des E-Learning-Einsatzes in Museen und Archiven. Akustische Führungssysteme im Museum. Webseite (http://kukuk.lo-f.at/gruber-diss_beispiele_akustische_fuehrungssysteme.html), zuletzt geändert am: 28.3.2009.
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