KUKUK
Kunst Kultur Kommunikation

Digitale Medien in der Kunst- und Kulturvermittlung - Zum derzeitigen Stand des E-Learning-Einsatzes in Museen und Archiven

Marion R. Gruber


Internetpräsentationen

Museen und Archive nutzen das Internet überwiegend zur Präsentation der eigenen Institution. Die KUKUK-Umfrage (2006) ergab, dass 90 % der befragten Institutionen über eine eigene Webseite verfügen. Die verschiedenen Möglichkeiten des Internets werden jedoch eher selten genutzt. Wenige Institutionen bieten einen virtuellen Rundgang wie beispielsweise das Beethoven-Haus Bonn, das Deutsche Historische Museum Berlin, das Jüdische Museum Westfalen, das Historische Museum Bern, das Kunsthistorische Museum Wien und das Kunsthaus Bregenz an. Die Vorstellung des Hauses über eine Webcam wird ebenfalls von sehr wenigen Einrichtungen praktiziert. Beispiele dafür sind das The Blanton Museum of Art und das Deutsche Museum in München. Öfter werden Webcams allerdings von denjenigen Institutionen eingesetzt, die einen virtuellen Rundgang anbieten wie beispielsweise das Kunsthaus Bregenz, das Museum des Beethoven-Haus Bonn oder das Deutsche Historische Museum Berlin.

Im Folgenden werden Beispiele für virtuelle Museen und Archive vorgestellt. Daran anschließed wird der Einsatz von E-Learning-Angeboten im Internet aufgezeigt.


Virtuelles Museum

Das World Wide Web bietet Museen die Möglichkeit ihre Sammlungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dabei ist die Konzeption einer solchen Präsentation einem realen Museum und dessen Ausstellungsräumlichkeiten ähnlich. In diesen virtuellen Museen werden die Kunst- und Kulturobjekte in virtuellen Räumen ausgestellt und durch zusätzliche Informationen ergänzt.

Das Aussehen solcher virtuellen Ausstellungen ist sehr unterschiedlich. Zeigen die einen eine aufwendige virtuelle Architektur, durch die sich Internet-User frei bewegen (z. B. im MUVA oder in der Gemäldegalerie Alte Meister Dresden @ Second Life), reduzieren andere diese auf ein Minimum. Die Vielzahl und die Verschiedenheit der vorhandenen Angebote machen deutlich, dass die Bedeutung des Begriffs virtuelles Museum divergiert.

Karlsruher Türkenbeute
Die Karlsruher Türkenbeute präsentiert Besonderheiten der Sammlung Karlsruher Türkenbeute im Badischen Landesmuseum. Dieses virtuelle Museum bietet neben interaktiven 3D- und Zoom-Aufnahmen neuartige Einblicke in das osmanische Kunsthandwerk. Themenreisen und verschiedene Artikel zu Kunst und Kultur informieren über die Geschichte, Kunst und Kulturgeschichte der Osmanen sowie deren Begegnung mit Europa. Die Webseite bietet viele Funktionen: So gibt es neben downloadbaren Materialien ebenso verschiedene Foren, Chat und E-Mail-Funktion, um sich mit anderen Benutzern oder dem Museum auszutauschen.

National Gallery of Art
Die National Gallery of Art, Washington D.C., präsentiert verschiedene virtuelle Ausstellungen. Beispielsweise gibt es virtuelle Rundgänge zu Van Gogh, Alexander Calder und anderen Themen. Online ist ferner die Dokumentation der Ausstellung Art Nouveau, 1890-1914 mit Bild- und Tonmaterial und vielen Informationen zur Konzeption und Entstehung der Ausstellung sowie zum Thema selbst zu finden.

Virtual Museum Canada (VMC)
Das Virtual Museum Canada (VMC) bietet ebenfalls virtuelle Ausstellungen wie beispielsweise Womens Artists in North America. Die Ausstellung ist in vier Bereiche unterteilt (Private worlds, Land & place, Modernity und Beyond modernity). Zu diesen Themen gibt es umfangreiches Bild- und Textmaterial.

Smithsonian National Museum of Natural History
Verschiedene virtuelle Ausstellugen bietet das Smithsonian National Museum of Natural History. Beispielsweise sind dort eine virtuelle Ausstellung zu African Voices, zu Ainu: Spirit of a Northern People, zu den Dinosaurs oder zu Arctic: A Friend Acting Strangely zu finden. Im virtuellen Museum zur Ausstellung VIKINGS: The North Atlantic Saga gibt es neben einem virtuellen Bauplan, durch den man sich interaktiv bewegen kann, viele Informationen und Bilder zu den Ausstellungsthemen.

Museo Virtual de Artes
Das MUVA, El Pais’ Virtual Museum of Arts zeigt sich dem Besucher als echtes virtuelles Museum. Dieses Museum bietet eine virtuelle Architektur, in der sich der Internetnutzer wie in einem realen Museum frei bewegen kann. In verschiedenen Räumen befinden sich Kunstwerke, zu denen unterschiedliche Informationen in Form von Text, Bild oder Video verfügbar sind. Neben biografischen Daten zum Künstler liegen beispielsweise auch Kunstkritiken und Bildbesprechungen vor. Der Besucher kann aus den gezeigten Kunstwerken außerdem Objekte für seine eigene Sammlung auswählen und zusammenstellen. Dadurch gestaltet er sein eigenes individuelles, virtuelles Museum.


Virtuelles Archiv

Virtuelle Archive werden von verschiedenen Institutionen online angeboten wie z. B. vom Landesarchiv Baden-Württemberg. Dabei handelt es sich meist um digitale Datenarchive, deren Suchfunktionen der online Literatursuche stark ähneln. Es sind vordergründig Bildarchive wie beispielsweise das OPAL Niedersachsen (Online-Portal digitalisierter Kulturgüter Niedersachsens) oder Prometheus - Das verteilte Bildarchiv.

Auffallend ist, dass die online Angebote von Museen im Internet überwiegen. Nur sehr wenige Angebote sind von Archiven ausfindig zu machen. Es scheint, dass die Institutionen derzeit noch mit der Digitalisierung ihrer Bestände beschäftigt sind, was die Österreichische Initiative für digitales Kulturerbe deutlich macht. Es sind aber Bestrebungen zu erkennen, die digitalen Bestände online zugänglich zu machen. Im Folgenden werden drei Beispiele virtueller Archive vorgestellt, die den Schritt der Digitalisierung bereits vollzogen haben.

Beethoven-Haus Bonn
Das Beethoven-Haus Bonn hat online viel zu bieten. Neben dem Museum findet man dort auch das Digitale Archiv, das die einzigartigen Sammlungen des Beethoven-Hauses präsentiert. Dazu zählen Musikhandschriften, Erstausgaben, Briefe und Bilder. Bilddateien sind mit Audiodateien und Textdateien vernetzt und lassen Beethovens Denken, Leben und Arbeiten sichtbar und hörbar werden.

Kunstkataster Online
Kunstkataster Online ist ein Informationsangebot des Tiroler Kunstkatasters der Abteilung Kultur des Landes Tirol. In Zusammenarbeit mit dem geografischen Informationssystem des Landes tiris wurde das umfangreiche Bild- und Informationsmaterial öffentlich zugänglich gemacht.

Informationen zu den digitalisierten Kulturgütern können über zwei Zugänge (Suchfunktionen) erlangt werden: eine sachliche und eine räumliche Auswahl. Über eine Suchmaske wird nach gewünschten ortsgebundenen Objekten gesucht, wie beispielsweise nach Kirchen, Klöstern, Kapellen, Burgen, historischen Bauernhäusern, technikgeschichtlichen Bauten sowie Bildstöcken, Wegkreuze oder Brunnen. Derzeit sind Daten von sieben Bezirken (Kufstein, Kitzbühel, Schwaz, Lienz, Landeck, Imst und Reutte) abrufbar. Das Angebot wird ständig erweitert und aktualisiert. Die Tiroler Bürger werden deshalb aufgefordert, mitzuhelfen und Informationen oder Fotos an den Kunstkataster zu senden.

AUT - Architektur und Tirol
Architektur und Tirol (AUT) ist das ehemalige Architekturforum Tirol. AUT ist ein unabhängiger Verein, der Fragen zur qualitätvollen Gestaltung des menschlichen Lebensraumes sowie die dafür notwendigen gesellschaftlichen und rechtlichen Grundlagen thematisiert. Die Online-Baudatenbank ist Teil der Internetplattform nextroom, einer virtuellen Sammlung qualitativer Architektur. Sie zeigt ausgewählte Tiroler Gebäude, die einen repräsentativen Querschnitt durch die aktuelle Architekturszene deutlich machen. Diese Baudatenbank beinhaltet neben Fotos, Plänen und objektbezogenen Informationen (Architekt, Bauherr, Statik, Grünraumgestaltung, Funktion u.s.w) auch verschiedene Suchfunktionen. AUT ist bemüht, die Baudatenbank immer auf dem aktuellen Stand zu halten und bittet um die Mitarbeit der Tiroler Bürger, Informationen zu ihren Bauten in Tirol zu schicken. Dazu steht ein Datenblatt zum Download zur Verfügung.


E-Learning-Angebote im Internet

Verschiedene Kulturinstitutionen offerieren im Internet auch Lernangebote für interessierte Internetnutzer. Die verschiedenen Angebote reichen von einfachen Informationsdarbietungen, wie sie hauptsächlich in virtuellen Museen oder virtuellen Archiven angeboten werden, bis hin zu spannenden interaktiven Lernangeboten. Sehr beliebt sind dabei Quizes (beispielsweise Creaviva - Fragen zu Paul Klee). Es gibt aber ebenso interaktive Crossword Puzzles (z. B. das Home Front Crossword, das Evacuation Crossword oder das Churchill Crossword vom Churchill Museum and Cabinet War Rooms ), interaktive Bildgeschichten (wie die Bildgeschichte The Story of Perseus and Andromeda vom National Maritim Museum ) oder Übungen zum kreativen Gestalten (z. B. My Imaginary City von Tate Online).

Nachfolgend werden Beispiele für den E-Learning-Einsatz aufgezählt und kurz beschrieben. Dadurch wird der derzeitige Stand des E-Learning-Einsatzes in Museen und Archiven ersichtlich.

National Maritime Museum - E-learning resources
Das National Maritim Museum (NMM) bietet eine Vielzahl von online Lernangeboten. Unter E-learning resources ist ein reichhaltiges Angebot von Online-Aktivitäten, -Resourcen und -Informationen nach verschiedenen Alters- und Schwierigkeitsstufen unterteilt verfügbar. Hauptsächlich sind es Quizes (Maritime Art Quiz oder Planet Ocean Quiz), Bildgeschichten (Great Bear and Little Bear oder The story of Orion the hunter) oder Spiele (beispielsweise Sail Safe). All diese E-Learning-Angebote zeichnen sich durch eine altersgemäße Gestaltung, Interaktion, aber auch durch Linearität aus. Die vorgegebenen Lernwege müssen durchlaufen werden, lediglich ein Vor und ein Zurück im Lernangebot sind möglich.

Zentrum Paul Klee - Creaviva Online
Creaviva ist das Kindermuseum im Zentrum Paul Klee in Bern. Es verfügt neben einem reichhaltigen personalen Vermittlungsangebot auch ein E-Learning-Angebot, welches zwei Online Quizes umfasst. Das erste Quiz ist über Paul Klee, das kurz nach der Eröffnung 2005 online verfügbar wurde. Fragen zu Paul Klee ist ein Angebot, das die Möglichkeiten von E-Learning in der Kunst- und Kulturvermittlung erkennen lässt. Das gesamte Potential von E-Learning jedoch nicht ausschöpft. Dieser Quiz ist, wie die zuvor genannten Angebote, linear aufgebaut. Der Benutzer durchläuft eine vorgegebene Reihenfolge von Fragen und Aufgaben. Dabei stehen Interaktion und kreatives Handeln im Vordergrund. Das Zentrum Paul Klee hat seit dem Frühjahr 2006 ein weiteres Online Quiz veröffentlicht: Insula Dulcamara - Entdeckungsreise in Paul Klees Welt der Zeichen und Symbole.

Virtual Museum Canada - Pier 21: Canadian Immigration Process
Pier 21: Canadian Immigration Process ist eine interaktive Ausstellung des Virtual Museum Canada. Der virtuelle Besucher soll etwas über den Kanadischen Immigrationsprozess lernen. Spielerisch wird das Thema der Ausstellung erkundet und somit über die Kanadische Geschichte gelernt. Dabei sind interaktive Elemente mit Informationsblöcken durchmischt. Neben einem Citizenship Quiz sind auch Diskussionshinweise in Form von Fragen für Lehrer in diesem Lernangebot zu finden.

Tate Gallery - Tate Online
Die Tate Gallery bietet auf Tate Online unterschiedliche E-Learning-Angebote an. Der Bereich Learn Online enthält Angebote für verschiedene Alters- und Zielgruppen. Sie reichen von interaktiven Mal- und Gestaltungsprogrammen über Quizes hin zu online Lernangeboten. Neben Lernangeboten für Kinder und Familien ist ein Bereich für Schulen und Lehrer vorhanden. Es sind ebenso Angebote zum selbständigen Lernen (Independent Learning) verfügbar. In diesem letztgenannten online Lernbereich gibt es unterschiedliche Angebote: Introduction to Modern and Contemporary Art ist ein kostenloser selftaught introductory course mit zwei Levels und Login. Inside Installations: Mapping the Studio II ist eine e-learning site zur Erforschung und Erhaltung von Installationen. Dieses Angebot gehört zum Forschungsprojekt Inside Installations: The Preservation and Presentation of Installation Art. Einen Blick in die Themen Tate’s History, Bloomsbury und Reise bieten die Archive Journeys. Die einzelnen Angebote sind durch Karteikarten strukturiert und beinhalten verschiedene Bereiche wie Timeline, Biography oder Quiz und themenspezifische Gebiete.

Zusammenfassend wird festegestellt, dass die Angebote von Tate Online sehr abwechslungsreich sind. Es gibt zahlreiche Multimedia-Angebote wie Audiodateien mit und ohne Abbildungen oder Videostreams. Die E-Learning-Angebote sind jedoch eher linear konzipiert und in ihren Methoden einfach gehalten.

Museum of Modern Art New York - Destination Modern Art
Ein für Kinder ansprechendes Lernangebot wird vom Museum of Modern Art New York (MOMA) offeriert. Dieses ist neben autorisierten Distance Learning-Angeboten für alle Benutzer frei zugänglich. Destination Modern Art versucht Kindern auf spielerische Art und Weise Moderne und Zeitgenössische Kunst nahe zu bringen. Dabei wird die Geschichte erzählt, wie ein Außerirdischer auf die Erde ins MOMA kommt, um unsere Welt und unsere Kunst zu entdecken. Übungen zur kreativen Auseinandersetzung sind ebenso in dieses E-Learning-Angebot integriert wie Informationsblöcke oder die Funktion, am eigenen Drucker Dokumente für kreatives Gestalten auszudrucken. Die Navigation durch das Lernangebot ist für Kinder entsprechend einfach und überwiegend linear aufgebaut.

e-Muse
E-Muse ist ein E-Learning-Projekt, das durch die Europäische Gemeinschaft (EU) gefördert wurde. E-Muse dient der Vernetzung und Zusammenarbeit von Museen, Schulen und IT-Experten. Ziel war es, eine innovative E-Learning-Umgebung für Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 15 Jahren zu schaffen. Das Projekt wurde 2004 abgeschlossen, eine Weiterführung ist nicht geplant.

Ad Fontes
Ad fontes ist ein E-Learning-Angebot des Historischen Seminars der Universität Zürich für Archivbesucher und solche, die es noch werden wollen. Dieses Lernangebot wurde in Zusammenarbeit mit dem Stiftsarchiv Einsiedeln, der Stiftsbibliothek Einsiedeln, dem Staatsarchiv Zürich und dem Staatsarchiv Luzern erstellt. Die Erstellung dieses Online-Angebots dauerte drei Jahre. (Kränzle & Ritter 2004)

Vornehmlich richtet sich dieses online Lernangebot an Studenten der Geschichtswissenschaft und verwandter Disziplinen, aber auch an interessierte Laien. Die nötigen Kompetenzen für die Arbeit mit handschriftlichen Quellen können dort anhand von Beispielen aus dem Stiftsarchiv Einsiedeln erlernt werden. Zur Benutzung des online Angebots ist ein Login erforderlich, die Teilnahme ist jedoch kostenlos.

Das Programm besteht aus vier Teilen: Archiv, Training, Tutorium und Ressourcen. Alle diese Bereiche sind miteinander verknüpft. Dies ermöglicht ein individuelles Navigieren durch das Lernprogramm. Durch den frei gewählten Benutzernamen merkt sich das Programm, wo der Lerner aufgehört hat. Dieser kann dann zu einem späteren Zeitpunkt an entsprechender Stelle fortfahren. (Kränzle & Ritter 2004)
Weiter zu: Schlussbemerkungen

Literatur

Kränzle, A. und Ritter, G. (2004). Ad fontes. Zu Konzept, Realisierung und Nutzung eines E-Learning-Angebots. Webseite (http://www.k-r.ch/index.php?id=9), Zugriff am: 30.6.2007. (Dissertation)

KUKUK-Umfrage 2006:
Gruber, M. R., Walter, K. & Zeindl, G. (2006). KUKUK - Kunst, Kultur, Kommunikation - Auswertung der Online-Umfrage. Innsbruck.


Inhalt

Vorwort

Akustische Führungssysteme im Museum
Audioguide
Audiovisuelles Environment
iPod und Podcast

Computergestützte Besucherinformationssysteme
Multimediaterminals
CD-Rom und DVD
Personal Digital Assistant im Ausstellungsraum
3D-Simulation

Internetpräsentationen
Virtuelles Museum
Virtuelles Archiv
E-Learning-Angebote im Internet

Schlussbemerkungen


Zitierhinweis

Gruber, Marion R. (2007). Digitale Medien in der Kunst- und Kulturvermittlung - Zum derzeitigen Stand des E-Learning-Einsatzes in Museen und Archiven. Internetpräsentationen. Webseite (http://kukuk.lo-f.at/gruber-diss_beispiele_internetpraesentationen.html), zuletzt geändert am: 30.6.2007.
Zum Seitenanfang